Azubi- und Nachwuchsgewinnung über Social Media

Wie Unternehmen junge Talente heute erreichen können – und was es dafür braucht

Der Wettbewerb um Nachwuchskräfte hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert und auch deutlich verschärft. Gleichzeitig hat sich die Art und Weise geändert, wie Jugendliche und junge Erwachsene sich informieren und beraten lassen. Die Generation Z und die gerade heranwachsende Generation Alpha sind als Digital Natives mit dem ständigen Informations- und Unterhaltungsangebot des Internets schließlich bestens vertraut. 

Grafik: 5 Erfolgsfaktoren für Nachwuchsgewinnung auf Social Media.

Diese Tatsache beeinflusst auch die Berufsorientierung: Nachwuchstalente erwarten heute einen unkomplizierten Zugang zu Informationen und authentische Einblicke in die Unternehmenskultur, denn die Entscheidung für eine Ausbildung oder ein (duales) Studium wird zunehmend in den digitalen Raum verlagert. Wenn sich Unternehmen allein auf klassische Kommunikationswege wie Ausbildungsmessen oder gedruckte Stellenanzeigen verlassen, riskieren sie, junge Menschen nicht zu erreichen. 

Für Unternehmen bedeutet das: Wer als attraktiver (Ausbildungs-)Betrieb wahrgenommen werden möchte, muss dort sichtbar werden, wo junge Menschen täglich unterwegs sind: im Internet und insbesondere in den sozialen Netzwerken. Diese Kanäle bieten enorme Chancen, um die eigene Reichweite zu steigern, die Zielgruppe auf Augenhöhe anzusprechen und sie mit Ausbildungsberufen vertraut zu machen. Gleichzeitig erfordern diese neuen Recruiting-Kanäle aber auch ein Umdenken im Bereich der Unternehmenskommunikation.

Ausbildungsmarketing im Wandel: Warum eine starke Internet-Präsenz so wichtig ist

Die Online-Präsenz eines Unternehmens ist längst kein Zusatzangebot mehr, sondern ein entscheidendes Auswahlkriterium. Die Relevanz von Social Media in der Berufsorientierung spiegelt sich nicht nur in Erfahrungswerten wider, sondern lässt sich auch anhand von Zahlen festmachen: Laut der JIM-Studie 2024 sind 90 % der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren täglich online. Plattformen wie YouTube, Instagram und TikTok spielen für sie nicht nur zur Unterhaltung eine wichtige Rolle, sondern dienen auch als Informationsquelle zum Weltgeschehen und zu aktuellen Trends. Insbesondere das Smartphone ist dabei das wichtigste Mediengerät, das Jugendliche in ihrer Freizeit nutzen. Jugendliche nutzen die verschiedenen digitalen Informationsangebote – und wünschen sich von Unternehmen daher eine starke Online- bzw. Social-Media-Präsenz.

Eine Studie, die von Reddit in Zusammenarbeit mit GWI, AmbassCo und Brandwatch durchgeführt wurde, zeigt eindrucksvoll, dass Vertreter:innen der Gen Z Informationen zunehmend auf Social Media und nicht über klassische Suchmaschinen anfragen: Für den europäischen Markt gaben 47 % der Befragten an, sich über Social Media zu Marken und Produkten zu informieren. Laut Berichten von Axios starten 21 % der 18- bis 24-Jährigen ihre Informationssuche dabei auf TikTok. 

Zusätzlich belegen Erkenntnisse der Studie „Azubi-Recruiting Trends 2024“ vom Softwareanbieter u-Form, dass Jugendliche auch zur Recherche über Ausbildungsplätze vorrangig digitale Kanäle nutzen

Diese gesammelten Studienergebnisse zeigen deutlich: Die klassische Stellenanzeige und Plakatwerbung allein reichen nicht mehr aus. Sichtbarkeit auf Google, eine mobiloptimierte Website und ein ansprechender Social-Media-Auftritt sind heute Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Nachwuchsgewinnung.

Aus der Praxis wissen wir:

Oft entscheiden schon kurze Eindrücke auf TikTok oder Instagram, ob sich mögliche Bewerber:innen überhaupt näher mit dem Unternehmen beschäftigen. Betriebe, die ansprechend aufgearbeitete Website-Inhalte und ihre Social-Media-Kanäle strategisch verknüpfen, erreichen damit deutlich mehr Azubis und Nachwuchstalente. 

Relevante Plattformen: Dort Präsenz zeigen, wo die Zielgruppe aktiv ist

Nicht jede Plattform eignet sich gleichermaßen für die Kommunikation mit Azubis und jungen Nachwuchskräften. Während berufliche Netzwerke wie LinkedIn oder XING für das Networking eine wichtige Rolle spielen, haben die Plattformen für Schulabsolvent:innen meist keine Relevanz. Entscheidend für die Recruiting-Strategie sind daher Kanäle, die junge Menschen aktiv nutzen. 

Für alle Plattformen gilt dabei: Auch wenn ein professioneller Auftritt natürlich unverzichtbar ist, zählt insgesamt die authentische Wirkung mehr als eine perfekte Produktionsqualität.

TikTok

TikTok ist aus dem Alltag vieler Jugendlicher nicht mehr wegzudenken. Die Plattform lebt von dynamischen und authentischen Videoclips. Um sich hier erfolgreich zu platzieren, sollten Unternehmen auf kurze und kreative Videos setzen, um Aufmerksamkeit und Reichweite zu erzielen. Besonders erfolgreich sind:

  • Ehrliche Einblicke in den Alltag und die Aufgaben der Azubis (z. B. über „Azubi-Takeovers“)
  • Kurze FAQ-Clips zu Berufsbildern (z. B. „Was macht eigentlich ein Zerspanungsmechaniker?“)
  • Beschreibende, wertschätzende und interaktionsfördernde Kurzvideos zum Beruf
  • Trend-Formate (Inhalte, die an aktuell populäre Challenges und Hashtags angepasst sind)

In verschiedenen Projekten haben wir gesehen: Wenn Azubis selbst zu Wort kommen und Inhalte kreativ und authentisch mitgestalten dürfen, entstehen die wirkungsvollsten Beiträge und höhere Community-Interaktionen.

Instagram

Instagram ist ein etablierter Kanal für visuelles Storytelling und eignet sich besonders gut für das Employer Branding. Verschiedene Formate bieten die Möglichkeit, authentische Einblicke in den Arbeitsalltag, das Team oder spezielle Ausbildungsmomente zu geben:

  • Stories für Einblicke in den Ausbildungsalltag oder Team-Events (z. B. Azubi-Highlights vom Sommerfest)
  • Reels mit humorvollen oder informativen Kurzvideos (z. B. „Klischee vs. Realität“ für bestimmte Ausbildungsberufe)
  • Story-Highlights im Profil für Ausbildungsstellen und Jobangebote
  • Karussell-Posts für übersichtliche Info-Posts (z. B. „5 Gründe für eine Ausbildung bei uns“ oder „So läuft dein Bewerbungsprozess bei uns ab“)

Ein weiteres Plus: Die Kommunikation über Direktnachrichten stellt einen niedrigschwelligen Kontakt zur Zielgruppe her. 

Unsere Erfahrungswerte zeigen, dass Unternehmen, die regelmäßig posten und ein glaubhaftes und sympathisches Bild ihrer Arbeitswelt zeigen, ihre Zielgruppe besonders erfolgreich ansprechen können. Dieses starke Employer Branding ist vor allem in Regionen und Branchen relevant, in denen Unternehmen stark um Nachwuchs konkurrieren müssen.

YouTube

YouTube ist die ideale Anlaufstelle für Jugendliche und junge Erwachsene, die sich intensiver mit einem Berufsbild oder Unternehmen auseinandersetzen möchten. Für längere Erklärformate oder Mini-Dokus (z. B. Impressionen aus dem Azubi-Alltag) ist YouTube daher nach wie vor relevant. Am besten sollten diese längeren Inhalte mit kurzen Clips im Shorts-Format kombiniert werden, die nach einer entsprechenden kanalspezifischen Anpassung auch auf Instagram oder TikTok verwendet werden können.

Erfolgsfaktoren für Social-Media-Recruiting: Was Inhalte wirksam macht

Die erfolgreichsten Beiträge folgen einem einfachen Prinzip: Sie sind authentisch, verständlich, interaktionsfördernd und relevant. Hochglanzproduktionen werden oft als „Werbung“ abgetan. Echte Einblicke schaffen hingegen Vertrauen und sind in der Lage, junge Menschen dort abzuholen, wo sie gerade im Leben stehen. Wichtig sind dabei:

  • Antworten auf typische Fragen: Wie läuft die Ausbildung ab? Was verdient man? Welche Voraussetzungen braucht man?
  • Persönliche Geschichten: Warum hat sich jemand für genau diesen Betrieb entschieden?
  • Interaktive Formate: Umfragen, Reaktionen auf Kommentare, Challenges
  • Ehrliche Einblicke in den Arbeitsalltag: Welche Menschen arbeiten im Unternehmen? Wie ist das Arbeitsklima?

Junge Menschen interessieren sich nicht nur für das jeweilige Berufsbild – sondern auch konkret für das Arbeitsumfeld, das Team und den Tagesablauf, der sie erwartet. All das kann über verschiedene Social-Media-Kanäle glaubwürdig erzählt werden. 

Jedoch gibt es auch einige Fallstricke: Wenn Inhalte zu inszeniert oder unecht wirken, Fachbegriffe ohne Erklärung verwendet werden oder die Darstellung monoton und einseitig erscheint, können Kampagnen schnell ins Wanken geraten. Auch verwaist wirkende Profile mit sporadischen Postings sind nicht ideal. 

Unser Praxistipp:

Für Unternehmen, die interne Ressourcen für Konzeption, Planung und Umsetzung nicht allein aufbringen können oder möchten, bietet eine externe Social-Media-Begleitung eine zielführende Lösung.

Aus der Zusammenarbeit mit mittelständischen Betrieben wissen wir: Für Erfolge auf Social Media brauchen Unternehmen Mut zum Ausprobieren, die Bereitwilligkeit, neue Wege zu gehen und ein kleines bisschen Geduld. Unterstützung durch externe Agenturen kann wiederum dabei helfen, die Regelmäßigkeit und Qualität der Inhalte abzusichern. Generell gilt aber, lieber mutig und menschlich auftreten als zu aufpoliert und generisch.

Aus unseren Erfahrungswerten lassen sich folgende Erfolgsfaktoren ableiten:

  • Eine Social-Media-Strategie ist eine wichtige Voraussetzung, um zielgerichtet, zielgruppenorientiert und mit einer klaren Markensprache aufzutreten.
  • Ein fester Redaktionsplan hilft dabei, regelmäßig passende Inhalte zu veröffentlichen, Themen langfristig zu entwickeln und z. B. besondere Anlässe und Veranstaltungen im Blick zu behalten.
  • Die besten Botschafter:innen für Ausbildungsberufe sind die Personen, die sie gerade durchlaufen. Wer Azubis aktiv in die Content-Erstellung einbindet, wirkt authentischer und nahbar. Da sich eine junge Zielgruppe vor allem von Gleichaltrigen angesprochen fühlt, braucht ein Unternehmensaccount junge Gesichter. Azubis, die ihre realistischen und glaubhaften Eindrücke vermitteln, können Vertrauen schaffen.
  • Die Bildsprache sollte modern, die Tonalität verständlich und die Aussagen glaubwürdig sein. Auf Plattitüden und Klischees sollte hingegen verzichtet werden. 

Aus der Praxis wissen wir:

Trotz initialem Planungs- und Pflegeaufwand erfordert eine erfolgreiche Social-Media-Strategie dennoch keinen immensen Aufwand oder hohe Kosten. Im Gegenteil, durch geschickte Planung können Social-Expert:innen das Optimum auch aus wenig Content herausholen, wie unsere eigenen Erfahrungen beweisen: Bereits 5 Drehtage und der Zugang zu Archivmaterial reichte aus, um der HWK Erfurt zu deutlich mehr Sichtbarkeit zu verhelfen. Der TikTok-Kanal einer Handwerkskammer, den wir strategisch und operativ begleiten, konnte dank cleverer Aufbereitung der Inhalte eindrucksvolle Erfolge erzielen: über 79.000 organische Views pro Monat und etwa 700.000 Zuschauer:innen im Jahr 2024.

Sichtbar in der Content-Flut: So wichtig ist Social SEO für Unternehmen

Viele Jugendliche nutzen TikTok, Instagram und YouTube als Suchmaschinen, noch bevor sie Google für ihre Recherchen bemühen. Entsprechend wichtig ist es, dass Inhalte suchmaschinenoptimiert aufbereitet werden – auf der Unternehmenswebsite genauso wie auf den Social-Media-Plattformen. Social SEO bedeutet dabei, Inhalte auf Social-Media-Plattformen gezielt mit relevanten Suchbegriffen so zu optimieren, dass sie in der plattformeigenen Suche sowie über Google besser gefunden werden können. 

Bei Social SEO geht es dabei nicht nur um Hashtags, sondern auch um:

  • Klare, suchbare Formulierungen in der Videobeschreibung
  • Berufsfelder, Regionen oder Benefits im Titel oder Beitrag
  • Plattformgerechte, relevante Keywords

Dadurch steigt die Sichtbarkeit insbesondere bei Zielgruppen, die vorrangig soziale Netzwerke als Suchmaschinen nutzen.

Unser Praxistipp:

Beiträge, die kreativ, interaktiv und relevant für die Suche aufgebaut sind, erzielen langfristig mehr Reichweite – weil sie nicht nur im Feed, sondern auch in Suchanfragen auf Google und Social Media auftauchen können.

Digitale Nachwuchsgewinnung und ihre Herausforderungen meistern

Social-Media-Marketing sollte nicht als „Sprint“, sondern als „Marathon“ gedacht werden. Viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand oder verlieren nach wenigen Wochen oder Monaten ihre Accounts aus den Augen. Besonders erfolgreich sind daher die Projekte, in denen (interne) Redaktionen und die externe Expertise eng verzahnt sind – sowohl kreativ als auch organisatorisch.

Ressourcen und Zuständigkeiten

Ein erfolgreicher Social-Media-Auftritt braucht Zeit, Know-how und klare Verantwortlichkeiten. Ohne gründliche Planung sowie regelmäßige Content-Produktion bzw. Account-Pflege bleibt das Potenzial ungenutzt.

Rechtliche Aspekte

Bildrechte, Musiklizenzen, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte – insbesondere bei minderjährigen Azubis – müssen berücksichtigt und professionell abgeklärt werden.

(Pro-)Aktives Community-Management

Durch gezielte Fragen an die Zuschauer:innen, Lösungsvorschläge für konkrete Problemstellungen und über Kommentare können Unternehmensprofile einen Austausch mit der Community fördern. Auch Rückfragen oder auch kritische Anmerkungen sind dabei ganz normal und können sogar dazu genutzt werden, um neue Ideen für den Account zu generieren. Entscheidend ist, dass am anderen Ende jemand schnell, professionell und empathisch reagiert. Aktives Community-Management ist daher ebenfalls ein Teil des Employer Brandings.

Fazit: Nachwuchsgewinnung über Social Media verstehen und erfolgreich umsetzen

Die Digitalisierung verändert die Nachwuchsgewinnung grundlegend und eröffnet neue Chancen. Wer als Unternehmen authentisch, glaubwürdig und gleichzeitig professionell auftritt, steigert seine Attraktivität als Arbeitgeber. Die Zahlen sprechen dabei eine klare Sprache: Jugendliche suchen online, orientieren sich an Social-Media-Inhalten und erwarten transparente Informationen über ihren potenziellen Ausbildungsplatz. Unternehmen, die hier frühzeitig investieren, sichern sich nicht nur Reichweite, sondern auch die nächste Generation qualifizierter Fachkräfte.

Sichtbar werden, wo junge Talente suchen!

Der Beitrag wurde erstellt von Daniela Raboldt-Zöllner, Expertin für Social-Media-Recruiting bei Jenpix. Unser Team berät seit über 10 Jahren Unternehmen bei der Entwicklung digitaler Strategien – auch zur Nachwuchsgewinnung.

Quellen und weiterführende Informationen

JIM Studie 2024 © Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (LFK, Medienanstalt RLP, SWR)
https://mpfs.de/app/uploads/2024/11/JIM_2024_PDF_barrierearm.pdf

Azubi-Recruiting Trends 2024 © u-form Testsysteme
https://www.testsysteme.de/downloads/studienergebnisse-azubi-recruiting-trends-2024

GWI & Reddit Custom Survey “Search Behaviors”, U.S., UK, DE Data, 2024.
https://www.business.reddit.com/marketing/search-insights 

Google who? Gen Z is searching on TikTok, YouTube instead © Axios, 2024.
https://www.axios.com/2024/04/11/google-gen-z-search-engines-tiktok-youtube